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Die Welt in Eis und Nebel gehüllt

  • Autorenbild: Jazz Double-u
    Jazz Double-u
  • 5. Feb. 2021
  • 3 Min. Lesezeit

Ich schlug meine Augen auf. Es war noch viel zu früh an einem Samstag, denn es war fast noch dunkel draußen.

‚Verdammt und zugenäht!‘, dachte ich, ‚nun bin ich einmal wach‘.

Wie jeder schon einmal erlebt hat: du könntest ausschlafen, jedoch die innere Uhr zwingt dich zum Wachsein. Nun stand ich widerwillig auf und sah aus dem Fenster und erblickte völlig entzückt die Welt in Nebel und Frost getaucht.

‚Wow. Wunderschön‘.

Diese unwirkliche Welt zog mich mit meiner Kamera nach draußen, um sie auf Bildern festzuhalten. Ich beeilte mich, denn die Sonne hatte die Macht diese eisige Welt in wenigen Minuten durch ihre wärmende Kraft zu verändern. Schnell zog ich mir etwas wetteradäquates an. Und schups, raus ging es mit meiner Kamera im Schlepptau – mit meinem technischen Hilfsauge zur Erinnerungskonservierung.

Mein Auto kämpfte sich durch die einsamen jedoch bereits heller werdenden Straßen und durch den allumschließenden Nebel. Lediglich in einen ca. 70 Meter weiten Radius konnte man die Welt um sich herum wahrnehmen. Auf den Bürgersteigen tauchten rechts und links vor mir Menschen und Bäume aus dem Nebel auf und verschwanden hinter mir wieder darin.

‚Es hat schon etwas von einem Gruselfilm‘, stellte ich fest.

Außerhalb der Stadt parkte ich mein Auto an einem Feldweg und stieg aus – rechts ein Feld und links eine Wiese. Sofort wurde ich von Kälte des Herbstmorgens erfasst und erschauderte unwillkürlich.

‚Brrrr, kalt, aber es wird sich bestimmt lohnen.‘

Behutsam und mit geschärftem Blick ging ich einen Trampelpfad, welcher sich durch die Wiese schlängelte, entlang, um all die kleinen Wunder der eisig schlafenden Natur nicht zu verpassen. Die Wiese war mit Raureif gänzlich überzogen. Ich ging in die Hocke und betrachtet ganz genau die einzelnen Blätter des Grases. Sie waren saftig grün, jedoch hatten sie ein eisiges Kostüm. An den Rändern der Blätter hatten sich winzige weiße Eiskristalle angesiedelt. Durch den Kontrast zwischen dem weißen Eis und der Farbe der Blätter, leuchtete das Grün fast unnatürlich.

‚Ich fühl mich gerade wie ein Entdecker und ja… wow. Ich hab‘ herrliches Gras entdeckt.‘, dachte ich etwas sarkastisch und mit kindlicher Euphorie.

Die Schönheit des Anblickes hatte sich durch meine Augen bestätigt und nun war es an der Zeit das Gras durch mein anderes Auge zu sehen. Ich sah durch den Sucher meiner Kamera, visierte das Gras im frostigem Gewand an, stellte noch hier und da ein paar technische Feinheiten ein und drücke den Auslöser. Klick. Der Moment wurde mit einem Klick für die Ewigkeit konserviert. Denn genau dieser Moment würde nie wiederkommen – Momente mit ihrer stetigen Flüchtigkeit. Ich machte natürlich immer mehrere Bilder mit verschiedenen Einstellungen, um die Schönheit würdig festzuhalten.

Ich kam aus der Hocke hoch und ließ meinen Blick weit werden und erfasste die Wiese – wie ein Diamantenmeer glitzerten mir die Eiskristalle entgegen. Mir jeder Bewegung, jedem Schritt trafen mich die Lichtreflexe – trafen die Netzhaut meines Auges. Das Licht der Sonne drang indirekt durch den Nebel. Dieses Licht wurde durch das gefrorene Wasser reflektiert. Der Anblick löste in mir ein Gefühl der Glückseligkeit aus –ich war völlig verzaubert, sodass mein Herz sogar einen kleinen Hüpfer machte. Ich habe da vielleicht etwas von einer diebischen Elster, denn alles, was glitzert zieht mich magisch an wie auch dieses von der Natur erschaffene Edelsteinmeer.

‚Wenn das echte Diamanten wären, hätte ich wohl ausgesorgt. Aber wer braucht Diamanten? Der Anblick macht mich bereits reich.‘

Leider konnte meine Kamera diese fantastische Welt der Lichtreflexe nicht erfassen. Lediglich die weißgrüne Wiese als Ganzes mit den wabernden Nebelschwanden im Hintergrund konnte ich konservieren.

Ich schritt weiter den kleinen Pfad entlang und kam zu einem jungen Baum. Vereinzelt hatte er noch grüne Blätter, doch etwas Anderes erregte meine Aufmerksamkeit. Ein kleines Wesen der Natur hatte ihre Nahrungsfanghilfe an den Baum geknüpft. Ein gewobenes Spinnennetz hing einsam verlassen daran. An den zarten Fäden hatte sich auch Raureif angesiedelt. Die Schwerkraft hatte das Netz ein bisschen aus der Form gezogen. Faszinierend wie dieses hauchdünne Konstrukt dem Gewicht standhalten konnte - dem Gewicht des gefrorenen Wassers. Jedoch ohne Eis hätte ich das Netz wohlmöglich gar nicht erst wahrgenommen, da es normaler Weise eher unscheinbar ist. Das Eis jedoch machte es auffällig und sichtbar. Und wieder schoss ich Bilder. Ich war sehr zufrieden mit dem fotografischen Ausflug.

‚Keine Menschenseele ist unterwegs bei diesem Nebel‘, bemerkte ich und bekam ein mulmiges Gefühl.

Ich warf einen Blick zu meinem Auto. Es war noch immer schemenhaft zu erkennen, denn der Nebel verlor mit aufsteigender Sonne seine Dichtigkeit. Und auch die Sonne war am Himmel zu sehen bzw. ein Schattenbild Ihrer Selbst. Man sah das, was der Nebel bereit war, preiszugeben - eine matte, kraftlose Scheibe am Himmel. Die Natur war bereit vom warmen Kuss der Sonne aufgeweckt zu werden. Lediglich der Nebel, hinderte sie daran und zögerte das Erwachen heraus.

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